Modellkommunen

Die beiden Modellstädte Gera und Gotha weisen trotz ihrer unterschiedlichen Größe, bezogen auf Einwohnerzahl und Fläche, viele Gemeinsamkeiten auf. Beide verfügen über eine dichte Siedlungsstruktur, mit der Folge kurzer, fußläufiger Wegdistanzen im Alltag. Zudem verfügen beide über ein gut ausgebautes ÖPNV-Angebot. Ebenfalls kann in beiden Städten deutlich die Spur jahrelanger, auf das Auto als Hauptfortbewegungsmittel ausgelegter Planung ausgemacht werden, inklusive der dafür typischer Probleme wie:

  • Vorhalten und Erhalten von (überdimensionierter) Infrastruktur
  • hoher Flächenverbrauch, der so für andere Nutzungen nicht/schwer zur Verfügung steht
  • Nutzungskonflikte zwischen den verschiedenen Fortbewegungsmitteln
  • Zerschneidung von Quartieren durch Hauptverkehrsadern
  • Geringe Attraktivität entlang der viel befahrener Straßen, sowohl was das Wohnen als auch was die Aufenthaltsqualität betrifft

In Verbindung mit der demografischen Entwicklung, die eine deutliche Bevölkerungsabnahme in den kommenden Jahren prognostiziert, verfügen somit beide Städte über eine Ausgangslage, in der Alternativen und Ergänzungen der innerstädtischen Mobilität gefragt sind.

In der Bevölkerung beider Städte gibt es ein Interesse an solchen Fragestellungen wie bereits existierende Initiativen belegen, beispielsweise das Grünes Haus Gera oder den ADFC und die Lokale Agenda 21 in Gotha. Schnitt- und Anknüpfungspunkte sind hier leicht zu finden und können unterstützend wirken.

Gera

Einwohner: 94.977 (Stand 31.12.2013)
EW/Km²: 625
Autos/1000 EW: 439 (Stand 2011)
ÖPNV: 3 Straßenbahlinien und 20 Buslinien im Stadtgebiet
Durchschnittsalter: 47,5 Jahre (Stand 31.12.2013)

Gera war bis vor kurzem die zweitgrößte Stadt im Thüringer Raum und flächenmäßig ist sie es immer noch. Sie liegt verkehrsgünstig und in der Nähe der Großstädte Jena, Leipzig und Plauen und erfährt schon immer dynamische Entwicklungen, die auch durch die verschiedenen Wechselbeziehungen beeinflusst sind. Beispielsweise wurde durch die Entscheidung für Jena als Universitätsstandort eine Orientierung hin zu Handwerk und Industrie angestoßen. Mit der Folge, dass die Bevölkerungsgruppe der 20-30 Jährigen, zumindest teil- und zeitweise, abwandert. In Verbindung mit der derzeitigen Tendenz der Überalterung und Abwanderung eine der zentralen Fragestellungen, denen sich die Stadt stellen muss. Die Ausrichtung der Bundesgartenschau 2007 in Gera und Ronneburg, die sich der Thematik Bergbaufolgelandschaft annahm, brachte der Stadtentwicklung einen Schub.

Das Mobilitätsangebot in Gera mit Straßenbahn, Bussen und sechs Haltepunkten der Deutschen Bahn ist gut. Dennoch wird der eigene PKW mehr genutzt als in den anderen Thüringer Städten. So sind es in Gera 48,6 %, während es in Erfurt und Jena nur 39,6 und 34,2 Prozent sind. Und auch der PKW Besitz pro 1000 Einwohner ist mit 453 für städtische Räume vergleichsweise hoch, wie wiederum der Blick nach Erfurt 433 und Jena 401 belegen.

Aus der Kombination von Innovationsdruck, gutem ÖPNV-Angebot und ausreichend Einkaufsmöglichkeiten erscheinen die Chancen für ein Gelingen von Carsharing gegeben. Jedoch gilt es die EinwohnerInnen Geras für die Idee zu gewinnen, insbesondere da eine typische Nutzergruppe wie oben genannt, nicht besonders stark vertreten ist.

Blick von Gera-Untermhaus auf Teile des BuGa-Gelände mit Gera im Hintergrund (Quelle: wikipedia)

Gera

Gera wuchs durch den Uranbergbau im 20.Jh. im nahegelgenen Ronneburg zunächst rasant. Die in der Folge errichteten Wohnsiedlungen im Norden und Süden dehnten Gera in die Fläche. Durch die derzeitige Abwanderung ist dies eine zusätzliche Herausforderung der Stadtplanung in allen Lebensbereichen.

 

Gotha

Einwohner: 44.325 (Stand 31.12.2013)
EW/Km²: 638
Autos/1000 EW: 468 (Stand 2011)
ÖPNV: 4 Straßenbahnlinien und 6 Buslinien im Stadtgebiet
Durchschnittsalter: 46,5 Jahre (Stand 31.12.2012)

Gotha liegt in direkter Nähe von Erfurt und die Rolle als ehemalige Residenzstadt ist noch in mancher Weise zu spüren. So ist Gotha als Mittelzentrum ein wichtiger Knotenpunkt für den Landkreis (Landratsamt) und gleichzeitig auf das Oberzentrum Erfurt ausgerichtet.

Die damit einhergehende, notwendige Mobilität wird durch die hohen Pendlerströme belegt (ca. 17% gemessen an der Einwohneranzahl Gothas pendeln entweder nach Gotha ein oder von Gotha aus). Sowohl der Anteil der Pendler, als auch der Autobesitz selbst, wachsen in Gotha seit mehreren Jahren kontinuierlich. Mit durchschnittlich 468 PKW pro 1000 Einwohner befindet sich Gotha bereits im oberen Bereich für städtische Räume, was den Übergang zum ländlichen Raum anzeigt. Dabei ist das innerstädtische ÖPNV Angebot durch ein gutes Netz von Straßenbahn und Bus geprägt welches mit steigender Tendenz genutzt wird.

Die Abwanderung in die umliegenden Gemeinden und andere Bundesländer wird mittlerweile durch Zuzüge aufgefangen, jedoch sinkt die Einwohnerzahl noch aufgrund der fehlenden Geburten. Gotha begegnet diesem Umstand, indem es die Attraktivität für (potentielle) Familiengründer zu steigern versucht, beispielsweise durch das Angebot verschiedener, angemessener Wohnräume (Stadthäuser) in guten, innerstädtischen Lagen. Ein weiteres Element, das Interesse der Stadt an ihren Bürgern zu demonstrieren, kann die Unterstützung eines zeitgemäßen, nachhaltigen Mobilitätsangebotes wie Carsharing sein.

Blick vom Friedensschloss auf den Hauptmarkt von Gotha (Quelle: wikipedia)

Gotha

Gotha war bis Anfang des 20. Jh. Residenzstadt und ist auch heut noch Sitz des Landratsamtes. Als Mittelzentrum selbst iIn der Nähe von Erfurt gelegen, können hohe Pendlerströme beobachtet werden.